WEEKLY UPDATE #186: Kleopatra und der T-Rex sind Dir näher als Du denkst


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gelesen

Versetz Dich 180 Jahre zurück: Du reist geschäftlich von Berlin nach München. Noch wenige Jahre zuvor eine beschwerliche Postkutschenfahrt über Tage. Doch jetzt gibt es die Eisenbahn! Eine technische Sensation. Plötzlich könntest Du theoretisch in zwei Tagen wieder zurück sein. Jedoch denkst Du Dir: „Herrlich! Ich tue so, als sei ich noch mit der Postkutsche unterwegs, gönne mir ein paar ruhige Tage in München, gehe in den Biergarten oder lese ein gutes Buch.“

Doch der Traum zerplatzt schneller, als der Dampf aus der Lok verpufft. Denn kaum weiß jeder, dass Du theoretisch in zwei Tagen wieder da sein könntest, erwartet man es auch. Was als Möglichkeit begann, wird zur Erwartung. Was als Freiheit gefeiert wurde, wird zur Verpflichtung. Und das, so Rory Sutherland, ist ein wiederkehrendes Muster unserer technologischen Geschichte.

Am Anfang steht immer ein Versprechen: mehr Tempo, mehr Freiheit, mehr Optionen. Doch plötzlich wird aus dem „Kann“ ein „Muss“. Denk an E-Mails. Früher schrieben wir Briefe. Manchmal tagelang unterwegs, und das war völlig normal. Heute bekommst Du um 9:02 Uhr eine Mail, und wenn Du um 9:07 Uhr noch nicht geantwortet hast, folgt schon ein „Anruf“. Willkommen im Zeitalter der ständigen Erreichbarkeit.

Technologie kann Wunder wirken. Sie kann uns verbinden, entlasten, sogar beflügeln. Aber sie hat auch ein Talent dafür, uns in jene Ketten zu legen, die sie zuvor gesprengt hat.


gedacht

Nimm einerseits Kleopatra, die ägyptische Königin, letzte Pharaonin, Ikone der Antike, gestorben 30 v. Chr. Und nimm andererseits Twitter (heute bekannt als X): Zwischen Kleopatra und der Gründung von Twitter liegen etwa 2.000 Jahre. Zwischen Kleopatra und dem Bau der Großen Pyramide von Gizeh: über 2.500 Jahre.

Kleopatra lebte näher an uns und an der Erfindung von Social Media, als an der Entstehung des ältesten der sieben Weltwunder.

Oder nimm die Dinosaurier: Der Tyrannosaurus Rex stampfte vor etwa 66 Millionen Jahren durch die Wälder. Der Stegosaurus war schon seit über 80 Millionen Jahren ausgestorben, als der T-Rex auftauchte. Das heißt: Der T-Rex ist uns zeitlich näher als dem Stegosaurus.

Diese Beispiele zeigen uns, wie schlecht unser Gehirn darin ist, geologische oder historische Zeiträume zu begreifen. Wir sind evolutionär darauf geeicht, über Stunden, Tage, vielleicht noch Jahrzehnte zu denken. Alles, was darüber hinausgeht, verschwimmt zu einer grauen Masse, in der alle ägyptischen Pharaonen gleichzeitig lebten und alle uns bekannten Dinosaurier gemütlich nebeneinander wohnen.

In diesem Zusammenhang finde ich dieses Video sehr eindrücklich.


gelernt

Wenn Du einem Apfelbauer erklären möchtest, wie er seine Produkte auf den Markt bringt, könntest Du sagen: „Du pflückst die Äpfel, bringst sie auf den Wochenmarkt und verkaufst sie dort an die Leute.“ Oder Du könntest es machen wie einige postmoderne Theoretiker und schreiben: „Die semiotische Reartikulation organischer Objekte im hegemonialen Kontext des Konsums impliziert eine fruchtbasierte Interpolation biologischer Narration.“

Gurwinder Bhogal bringt es in seinem Artikel 25 Useful Ideas for 2025 auf den Punkt: Je einfacher ein akademischer Bereich im Kern ist, desto größer scheint manchmal der Drang, ihn mit einer Schicht aus sprachlicher Komplexität zu tarnen. Physiker – die sich mit Quanten und Raumzeit beschäftigen – sprechen oft erstaunlich klar und erklären ihr Fachgebiet mit Worten, welche die meisten von uns verstehen. Postmoderne Theoretiker hingegen? Die findet man hauptsächlich in den Kulturwissenschaften, in Teilen der Soziologie, der Literaturwissenschaft oder der Gender Studies. Dort wird nicht selten mit Wörtern jongliert, als müsste man ein intellektuelles Labyrinth bauen, in dem sich bloß niemand zu schnell zurechtfindet.

Das von Bhogal zitierte Beispiel aus einem Text von Judith Butler liest sich wie ein Zungenbrecher auf Espresso. Es wirkt, als solle der Leser nicht verstehen, sondern sich unterwerfen oder zumindest nicht widersprechen.

Verständlichkeit ist kein Zeichen von Oberflächlichkeit, sondern von Souveränität. Wer ein Thema wirklich versteht, kann es auch einfach erklären. Das bedeutet nicht, dass komplexe Themen immer simpel sein müssen. Aber es bedeutet, dass gute Gedanken nicht hinter schlechten Sätzen versteckt werden müssen.

Ein wissenschaftliches Fachgebiet, welches wenig Substanz hat, muss wohl mit schwer zu verstehenden Ausführungen „verkompliziert“ werden, damit man sein 12 Semester langes Studium plausibel erklären kann. Wissenschaftliche Fachgebiete mit Substanz müssen das nicht.

Ich frage mich, wie ein Student der Geisteswissenschaften dieses Kapitel wohl formuliert hätte … 🤔 vielleicht etwa so?

Die diskursive Exorzierung epistemischer Simplizität durch rhetorische Ornamentik manifestiert sich besonders dort, wo die semantische Gravitas eines Fachgebiets nicht aus ontologischer Tiefe, sondern aus linguistischer Vernebelung gespeist wird. So konstatiert Bhogal in seinem Traktat „25 Useful Ideas for 2025“ die paradoxe Korrelation zwischen theoretischer Banalität und der Neigung zur lexikalischen Hyperkomplexität. Während subatomare Ontologen – vulgo: Physiker – transdimensionale Phänomene mit frappierender Klarheit exponieren, vollzieht sich in den semiotischen Subdomänen der Kultur- und Sozialwissenschaften eine performative Akrobatik des Ausdrucks, die weniger zur Erleuchtung als zur epistemischen Unterwerfung einlädt.
Im hermeneutischen Labyrinth poststrukturalistischer Prosa – exemplarisch verkörpert durch Butlers syntaktische Spiralen – wird Sprache nicht als Medium der Erkenntnis, sondern als Instrument der intellektuellen Distinktion mobilisiert. Die resultierende kognitive Dissoziation scheint weniger der Vermittlung als der sakralen Entrückung akademischer Diskurse zu dienen.
Verständlichkeit – so lässt sich konstatieren – ist nicht das Signum der Trivialität, sondern der kognitiven Souveränität. Denn wahre Meisterschaft liegt nicht im Verbergen, sondern im Offenlegen; nicht im semantischen Nebel, sondern im klaren Licht der Artikulation. Die Notwendigkeit zur kryptischen Selbstverkomplizierung ist oft ein Indikator für substanziellen Mangel – ein erkenntnistheoretisches Feigenblatt für leere Konzepte, die sich über ein Dutzend Semester hinweg irgendwie rechtfertigen müssen.

geschrieben

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